Informieren Sie sich zum Thema Finanzierung

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Auf dieser Seite können Sie sich über Finanzierungsfragen in der deutschen Wasserwirtschaft informieren.

Vom 27. Januar bis 10. Februar 2021 konnten alle Bürger*innen ihre Ideen und Anliegen zum zukünftigen Umgang mit Wasser und dem Schutz von Flüssen, Seen und Grundwasser einbringen.
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Hintergrundinformationen zum Thema Finanzierung

Hier finden Sie Informationen zur Finanzierung von Wasser in Deutschland sowie bereits diskutierte Ansätze dafür, wie diese fortentwickelt werden könnte.

Unterirdische Rohrleitungen zu reparieren, Wasser zu trinkbarem Leitungswasser aufzubereiten, Kläranlagen zu betreiben – das alles ist mit hohen Kosten verbunden. Den meisten Menschen bleibt der Aufwand der Instandhaltung verborgen. Dabei ist Wasser unabdingbar für unsere Gesundheit und unseren Wohlstand und wird vielfältig genutzt. Wir benötigen effiziente Strukturen, Personal und Geld, um Wasser für die verschiedenen Nutzungen zur Verfügung zu stellen. Die Investitionen in diesem Sektor werden aufgrund von Klimawandel, Wasserverschmutzung oder veralteter Infrastruktur in der Kanalisation in Zukunft steigen. Das betrifft uns alle, denn wir alle zahlen dafür direkt oder indirekt.

Damit sauberes Wasser aus dem Wasserhahn kommt, muss viel geleistet werden. Trinkwasser wird in Deutschland zu 70% aus Grund- und Quellwasser entnommen. Für die restlichen 30% greifen die Wasserversorger*innen auf Talsperren, Flusswasser, Uferfiltrate oder künstlich angereichertes Grundwasser zurück. Je nachdem, wo das Wasser herkommt, muss es unterschiedliche Schritte durchlaufen, bevor es als Trinkwasser an die Nutzer*innen gelangt. Versickertes Regenwasser wird aus dem Boden gepumpt und aufbereitet. In Trinkwasseraufbereitungsanlagen werden unerwünschte Stoffe, Metalle und Gerüche beseitigt. Erst danach kann es bedenkenlos getrunken werden. Das entstandene Trinkwasser wird gespeichert und über Rohrleitungen zu uns in die Wohnungen gepumpt. Die Kund*innen bezahlen mit ihren Wassergebühren oder –tarifen, z.B. die Aufbereitungs- und Bereitstellungskosten sowie Wasserentnahmeentgelte, aber nicht für die Ressource Wasser an sich.

Nachdem wir das Wasser im Haushalt oder für gewerblich-industrielle Zwecke genutzt haben, wird es über die Abwasserleitungen zu den Kläranlagen geleitet, die das verschmutzte Wasser so aufbereiten, dass es wieder in natürliche Gewässer eingeleitet werden kann, ohne deren Ökosystem zu belasten. Dafür sind kommunale Wasserversorger*innen zuständig.

Diese Dienstleistungen werden von allen bezahlt, die das Wasser nutzen. Wie hoch die Kosten sind, hängt stark davon ab, welche Infrastruktur besteht, aber auch davon, wie viele Bürger*innen die Gesamtkosten mitzahlen. Eine Herausforderung ist es, eine faire finanzielle Beteiligung zu gewährleisten.

WasserleitungQuelle: F. Muhammad / pixabay.com  

Die Kosten für die Bereitstellung von sauberem Wasser werden in Zukunft steigen. Gründe dafür sind u.a.:

  • die Instandhaltungs-Kosten der teils in die Jahre gekommenen Infrastruktur.
  • gestiegene Anforderungen in der Trinkwasser- und Abwasseraufbereitung. Steigt zum Beispiel die Menge an unerwünschten Stoffen (u.a. Arzneimittel, Biozide, Pflanzenschutzmittel) im Wasser, müssen aufwendigere oder zusätzliche Reinigungsstufen in Kläranlagen eingebaut werden.
  • Anpassungskosten aufgrund des Klimawandels, wenn z.B. neue Fernwasserleitungen Wasser aus wasserreichen Gebieten in trockenere Gebiete leiten müssen. Der Klimawandel verstärkt auch Extremereignisse wie Starkregen und damit das Risiko von (Hoch-) Wasserschäden. Der vorsorgende Hochwasserschutz muss aufgebaut werden. Dies kann über technische (Deiche) oder natürliche Maßnahmen (Wiedervernässung von Auen) erfolgen.
  • Der ökologische Gewässerschutz dient dem Schutz von Mensch und Natur. Flüsse, Seen und das Grundwasser werden vor schädlichen Stoffeinträgen geschützt und es wird sichergestellt, dass die Gewässer auch unter ökologischen Gesichtspunkten intakt sind, so dass die dort natürlich vorkommenden Tiere und Pflanzen in ausreichender Zahl leben können. Aber auch Städte und Dörfer, Industrieanlagen und landwirtschaftliche Flächen müssen vor Schäden durch Hochwasser geschützt werden. Zunehmende Dürre und Trockenheit erfordern einen erhöhten Wasserbedarf. Das alles muss finanziert werden und verursacht einen hohen Mittelbedarf (z.B. für Kläranlagen, Gewässerrenaturierung oder neue Wasserspeicher).

HochwasserQuelle: Herrmann / pixabay.com

Die Finanzierung der Kosten in der Wasserwirtschaft erfolgt in Deutschland über unterschiedliche Wege. Die wichtigsten sind:

  • Wasserentnahmeentgelte beziehen sich auf die Abgaben, die für Entnahme von Wasser aus Grund- und Oberflächengewässern zu entrichten sind. Das Geld wird dafür genutzt, den Zugang und die Qualität des Wassers zu erhalten.
  • Nutzerfinanzierte Entgelte: In der Öffentlichkeit wird häufig der Begriff „Wasserpreis“ als Oberbegriff für alle Entgelte verwendet, die Kund*innen für die Trinkwasserversorgung bzw. Abwasserbehandlung entrichten. Dabei wird zwischen öffentlich-rechtlichen Entgelten („Beiträge“, „Gebühren“) und privatrechtlichen Entgelten („Preise“) unterschieden werden. Dies wird in den Bundesländern unterschiedlich geregelt.
  • Steuergelder: Der größte Teil der Gewässerschutzmaßnahmen und Hochwasserschutzmaßnahmen wird über Steuergelder finanziert. Dabei gibt es in Deutschland unterschiedliche Förderungen und Zuschüsse, die von der EU, dem Bund, den Bundesländern oder den Kommunen stammen. Diese Mittel reichen derzeit aber nicht aus, um alle Anforderungen des Gewässerschutzes zu erfüllen.

Es ist denkbar, dass zukünftig mehrere Finanzierungsmechanismen kombiniert werden müssen, um den verschiedenen Anforderungen gerecht zu werden. Die Herausforderung besteht darin, alle Bereiche des Wassersektors ausreichend zu finanzieren und die Last der Bezahlung fair aufzuteilen.

Wer verschmutzt, zahlt dafür?

Das umweltrechtliche Verursacher*innenprinzip (engl. polluter pays principle) ist ein Grundsatz des Umweltschutzes, wonach Kosten umweltrechtlicher Maßnahmen den Verursachenden angelastet werden sollen. Mit anderen Worten, wenn jemand zum Beispiel einen Fluss oder das Grundwasser verschmutzt, sollte er oder sie für die Kosten der Reinigung aufkommen. Das funktioniert, wenn z.B. ein Industrieunternehmen durch Leck in einem Rohr schädliche Abwässer in einen Fluss einleitet und dies direkt zugeordnet werden kann.

In der Praxis ist die Umsetzung dieses Verursacher*innenprinzip oftmals schwer, weil sich nicht immer eindeutig bestimmen lässt, wer einen Schaden verursacht hat oder ob es mehrere Verursachende gibt. So stellt sich beispielsweise die Frage nach dem/der konkreten Verursachenden, wenn durch ein Medikament gewässerschädigende Substanzen in das Wasser gelangen: Ist der/die Verursachende die Pharmaindustrie (Hersteller*innen), die Apotheke (Handel) oder die Personen (Anwender*innen), die es benutzen und die Reste nicht über den Hausmüll, sondern über die Toilette entsorgen?

Auch bei den Nitrateinträgen in das Grundwasser lässt sich selten zuordnen, von welchem Acker oder welcher Fläche wie viel Nitrat durch den Boden in das Grundwasser sickert. Hier kommt deswegen bislang das „Gemeinlastprinzip“ zum Tragen: Die Kosten werden auf alle umgelegt, weil sie eben nicht einem/einer Verursachenden allein zuzuordnen sind.

In der Öffentlichkeit und im „Nationalen Wasserdialog“ haben Fachleute aus unterschiedlichen Bereichen auch über das Thema Finanzierung diskutiert.

  • Einige vertreten die Meinung, dass Landwirtschaft und Industrie mehr für die Reinhaltung der Gewässer tun und Lösungsoptionen mitfinanzieren müssen. Ansonsten werden teure Aufbereitungsverfahren im Trinkwasseraufbereitungsbereich notwendig, deren Lasten die Allgemeinheit zu tragen hätten.
  • Andere fordern allerdings Nachweise, welche Substanzen und Wirkstoffe mit ihren Rückständen in Gewässern welche Auswirkungen auf Ökosysteme haben. Sie weisen zurück, dass Landwirtschaft und Industrie an Groß-Investitionen für Wasserinfrastruktur zu beteiligen sind. Ihr Argument: Die Wirtschaft sollte nicht für die Behebung von Versäumnissen bei der Instandhaltung von Infrastruktur verantwortlich gemacht werden. Es wird aber über die Einrichtung eines Fonds diskutiert, über den diese einmalig anfallenden Instandsetzungs- und Modernisierungskosten finanziert werden könnten. Dieser Fonds könnte aus Steuermitteln und Mitteln der Wirtschaft gespeist werden. Im Gegenzug könnte auf Abgabenregelungen verzichtet werden.
  • Einige Vertreter*innen der Landwirtschaft machen geltend, dass das Verursacherprinzip in der Realität rechtlich kaum umgesetzt werden könne, weil nicht genau rückverfolgt werden kann, woher eine Gewässerüberbelastung genau kommt. Zudem wird von einigen Fachleuten darauf hingewiesen, dass die Agrarwirtschaft unter immensem Druck für die Produktion zu geringen Preisen stehe und die Bürger*innen nicht bereit seien, mehr für Lebensmittel auszugeben.
  • In Hochwasserrisikoregionen sollten Entscheidungen, wofür Steuergeld verwendet wird, überregional getroffen werden, weil die Auswirkungen nicht an Landesgrenzen Halt machen. Verhandlungslösungen und Kompensationsmöglichkeiten innerhalb eines Fluss-Einzugsgebiets seien von großer Bedeutung. Dadurch wäre beispielsweise eine Kommune am Oberlauf eines Flusses stärker motiviert, Polderflächen zur Verfügung zu stellen, obwohl der Effekt dieser Maßnahme nicht dieser Kommune direkt nutze, sondern eher den Kommunen am Unterlauf eines Flusses.
  • Beim Hochwasserrisikomanagement könnte geklärt werden, wie die Finanzierung dafür besser aufgeteilt werden könnte. Normalerweise komme die Öffentlichkeit mit Steuergeldern für einen umfassenden Hochwasserschutz auf, während der Schutzeffekt dieser Maßnahmen privaten Nutzenden zugutekomme. Eine Möglichkeit wäre eine stärkere finanzielle Beteiligung der Menschen, die von Hochwasserschutzeinrichtungen geschützt würden. Ein ergänzendes Instrument zu privaten Versicherungslösungen könnte hier ein staatlich verwalteter Fonds sein. 

Zu den Beiträgen aus dem Online-Dialog.